Das AMEE Gefühls-ABC – wie aus Gefühlen Energie wird

Wie wie wütend

Schlagworte: Gefühle | wütend

Erstellt am: 26.04.2023

Wie fühlen Sie sich heute? Wie haben Sie sich gestern Abend beim Zubettgehen gefühlt? Und mit welchem Gefühl sehen Sie dem morgigen Tag entgegen? Ohne Gefühle geht im Leben nichts. Klingt übertrieben? Dann fühlen Sie mal in sich hinein. Jede Situation, jede Handlung und jede Konversation verbinden wir mit einem oder mehreren Gefühlen. Was diese bedeuten und wie wir sie aktiv nutzen können, um unsere Potentiale, privat sowie beruflich, zu entfalten, wird uns meist erst bei genauerem Hinschauen bewusst. Deshalb laden wir Sie ein, gemeinsam mit uns einen Blick in unsere Gefühlswelt zu werfen. Weiter geht´s mit…

W wie wütend

Der Puls beginnt zu rasen, uns wird plötzlich warm, unsere Hände werden schwitzig, wir pressen die Lippen aufeinander, verengen die Augen und beginnen womöglich zu zittern: Sind wir wütend, reagiert nicht nur unser Geist, sondern auch unser Körper. Wut und Ärger sind ganz normale Emotionen, die jede und jeder von uns immer wieder verspürt. Emotionen, die wir, ganz allgemein betrachtet, erst einmal als negativ bewerten. Aber wie so häufig in der Welt der Gefühle hat auch die Wut wichtige Funktionen inne, die unser Sozialverhalten maßgeblich prägen.

Aber wie entsteht Wut eigentlich? Meist fühlen wir uns zunächst provoziert, sind gekränkt oder empört, manchmal auch irritiert oder überrumpelt, bevor die Wut in uns hochkocht. Bleiben wir in der Welt der Bilder, lässt sich die Wut gut mit einem inneren Vulkan vergleichen. Dieser brodelt vor sich hin, kocht ab und an hoch, schwappt über den Rand des Kraters – und bricht irgendwann aus. Ist dies der Fall, kommt es darauf an, wie wir auf den Vulkanausbruch reagieren. Schlucken wir unsere Wut hinunter, lassen wir ihr freien Lauf oder finden wir ein gutes Mittelmaß?

Die Wut ist nicht nur unheimlich kraftvoll, sie ist zudem auch vielseitig und zeigt sich in fünf verschiedenen Formen: Frustration, impulsive Wut, selbstgerechter Zorn, unterdrückte Angst und als Gefühl der Ohnmacht. All diese Empfindungen sind laut Forschern in unserem Gehirn verankert, um uns vor Bedrohungen und Gefahren zu warnen. Ein kleiner historischer Exkurs verdeutlicht, wieso die Wut als Urinstinkt eine wichtige Rolle spielt: Anthropologen weisen der Wut einen wichtigen evolutionären Mechanismus zu. So ist überliefert, dass die sichtbaren Zeichen von Zorn dafür sorgten, dass Konflikte unserer Vorfahren nicht andauernd eskalierten. Wutanfälle, ein geröteter Kopf, verengte Augen und eine gewisse Schärfe in der Stimme wirkten (und wirken noch immer) abschreckend bis hin zu einschüchternd und entschärfen somit eine Auseinandersetzung. Forscher und Wissenschaftler attestieren der Wut aus diesem Grund eine Doppelfunktion, die innerhalb unseres Sozialgefüges einen wichtigen Platz innehat.

Der richtige Umgang mit Wut: Laut, leise – oder ganz neu gedacht?

Jeder Mensch geht anders mit Wut um. Während der eine förmlich explodiert, die Stimme erhebt und wortwörtlich Dampf ablässt, schluckt die andere ihren Zorn hinunter und frisst ihre Wut in sich hinein. Keine der beiden Varianten ist 1. besonders gesund und 2. förderlich, um Konflikte sachlich und fair zu lösen. Einen Mittelweg zu finden, ist allerdings auch gar nicht so einfach. Schließlich ist die Wut mit eines der stärksten Gefühle und setzt eine ganze Reihe von physiologischen Reaktionen in unserem Körper in Gang: Unser Organismus schüttet vermehrt Stresshormone wie Kortisol und Adrenalin aus, sodass unser Blutdruck und unser Blutzuckerspiegel ansteigen. Außerdem pumpt unser Körper plötzlich zusätzliches Blut durch Herz, Gehirn, Muskeln und Lunge. Folglich rast unser Puls und wir verspüren von jetzt auf gleich eine (gefährliche) Energie. Kurzum: Unser Körper und unser Geist sind in höchster Alarmbereitschaft und in der Lage, sich jetzt und sofort zu wehren. Gleichzeitig können wir unsere Reaktionen häufig nicht mehr vollständig kontrollieren. Wir werden laut und wählen Worte, die mehr Schaden anrichten, als dass sie schlichten. Oder wir konservieren unseren Zorn in unserem Inneren und unterdrücken unsere negativen Gefühle, statt sie zu verarbeiten – und aufzuarbeiten.
Wie gehen wir in Situationen wie diesen mit unserer Wut um? Wir können sie beispielsweise neu denken. Dabei geht es vor allem darum, unsere negativen Emotionen zu regulieren und unsere Ressourcen umzuverteilen: Die Energie, die wir darauf verwenden, wütend zu sein, können wir für die Lösung des Problems nutzen (ein klärendes Gespräch, eine sachliche Konfrontation oder eine schlichtende Aktion). Wir können uns ablenken, indem wir Sport oder einen langen Spaziergang machen, Musik hören oder kreativ werden. Und wir können neubewerten: Wieso sind wir gerade wütend, welche Gefühle liegen der Wut zugrunde, wer könnte uns helfen und was können wir aktiv tun, um unsere Wut „hinunterzukochen“?

Wut neu bewerten im Unternehmerkontext: Herausforderung und Chance zugleich

Fällt uns bereits im privaten Rahmen der richtige Umgang mit Wut schwer, so erscheint er im beruflichen Kontext wie eine unlösbare Aufgabe. Oder? Nicht ganz. Denn auf beruflicher Ebene kann es uns leichter fallen, uns von Emotionen loszulösen. Sind wir auf einen Freund wütend, ist die rationale Auseinandersetzung mit der Situation schwierig. Sind wir auf eine Kollegin wütend, verbinden uns mit ihr weniger emotionale Schnittstellen und wir befinden uns somit bereits auf einer distanzierteren Ebene. Ein Ansatz, den wir nutzen können.

Ein Beispiel

Karla ist selbstständige Unternehmensberaterin und hat ein Konzept entwickelt, welches auf Kooperation basiert: Sie arbeitet mit Coaches und Trainern zusammen und verbindet Beratung mit Umsetzung. Für ein Projekt hat sie eine der Trainerinnen aus ihrem Netzwerk angefragt und stellt sich gemeinsam mit ihr bei ihrem Kunden vor. Der Kunde zeigt großes Interesse und verspricht Karla eine Rückmeldung am folgenden Tag. Diese fällt ernüchternd aus: Der Kunde erklärt Karla, dass er gerne mit der Trainerin und deren Berater zusammenarbeiten möchte, von ihr aber nicht überzeugt war. Karla ist überrumpelt und irritiert: Wieso hat die Trainerin einen anderen Berater ins Spiel gebracht?

Aus ihrer Irritation wird Wut – die sich schließlich entlädt. Sie ist fest entschlossen, die Trainerin zur Rede zu stellen und ihr ihre Meinung zu sagen. Bevor sie jedoch ihre Nummer wählen kann, setzt Karlas Verstand ein: Die Trainerin ist ihr weder persönlich verbunden, noch haben sie einen Vertrag mit dem Kunden unterzeichnet oder eine Kooperationsvereinbarung getroffen. Karla ist zwar enttäuscht und verletzt über das Vorgehen der Trainerin, gleichzeitig ist sie aber professionell genug, um ihre Wut in etwas sehr viel Wirkungsvolleres umzuwandeln: Ehrgeiz. Karla ruft ihren Kunden noch einmal zurück und bittet um einen 2. Pitch – schließlich war sie es, die den Kontakt hergestellt hat. Ihr Kunde willigt ein. Bevor Karla daraufhin beginnt, ihre Präsentation zu überarbeiten, ruft sie die Trainerin an und stellt sie sachlich, aber bestimmt zur Rede. Ein befreiendes Gefühl! Und ganz gleich, wie der 2. Pitch ausgehen wird, Karla hat schon jetzt etwas Entscheidendes gewonnen: Selbstachtung.

Kontrollieren wir unsere Wut, statt uns unserem inneren Vulkanausbruch hinzugeben, schenken wir uns selbst Respekt. Denn in diesem Fall ist ein Schritt zurück kein Zeichen von Schwäche, sondern von Selbstachtung und Wertschätzung. Wir geben uns die Chance, besonnen zu reagieren, statt überzureagieren und unsere Reaktion im Nachhinein zu bereuen. Wir schützen uns folglich also auch vor Gefühlen wie Scham oder Reue. Und somit ist die Wut, wie so viele weitere Emotionen, eine exzellente Lehrmeisterin: Sie bringt uns dazu, uns selbst besser kennenzulernen und uns vor uns selbst (oder besser vor unserem wütenden Selbst) zu schützen. Vielleicht nicht heute und morgen, aber dafür übermorgen. Und wenn wir es irgendwann schaffen, mit unserer Wut zu leben, statt uns ihr hinzugeben, dürfen wir noch etwas anderes sein: stolz.

Ein gutes Gefühl, versprochen!

Vertrauen Sie auf unsere Fähigkeiten

… und bringen Sie Ihr emotionales Denken mit der Kraft Ihrer Gefühle in unserer Workshop-Reihe „Limbisches Denken“ in Einklang. Wir freuen uns auf Sie!

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