X wie Extra-Emotion: überrascht
Überraschung! Und nun? Wenn wir überrascht sind, müssen wir blitzschnell reagieren: lachen wir, freuen wir uns, bleiben wir ernst, sind wir verunsichert – oder gar überrumpelt?
Die Überraschung ist die Emotion mit der kürzesten Halbwertszeit. Ihre Dauer beträgt nur wenige Sekunden, dann wird sie von einer Folgeemotion, einer Reaktion, abgelöst. Für einige Forscher ein Grund, der Überraschung den Titel als Emotion abzuerkennen. Befürworter halten dagegen, dass wir auch in den wenigen Sekunden, in denen wir tatsächlich überrascht sind, bereits etwas fühlen. Wir teilen diese Ansicht – und widmen der Überraschung unseren Extra-Emotion-Beitrag. Schließlich entlockt sie uns etwas, was wir bei vielen anderen Emotionen leichter überspielen können: eine ehrliche Reaktion.
Was die Überraschung hingegen mit einer Menge anderer Gefühle gemein hat, ist der physische Reflex unseres Körpers. Wir ziehen die Augenbrauen nach oben, reißen die Augen und den Mund auf. Auf unserer Stirn bilden sich Falten, unser Gesicht nimmt eine rote Färbung an, uns wird womöglich warm bis hin zu heiß. Ausgelöst werden körperliche Reaktionen wie diese durch das Erleben einer vollkommen unerwarteten Situation. Ebenso können wir von plötzlich eintretenden Gefühlen, Worten oder unerwarteten Geschenken überrascht werden.
Nach dem ersten Überraschungsmoment, den wir oftmals wie beschrieben sehr körperlich wahrnehmen, folgt schließlich die mentale Bewertung der Situation und das spürbare Erleben einer Folgeemotion. Und genau an diesem Punkt wird es schwierig – zumindest im Falle von negativen Überraschungen. Wir müssen, ebenfalls innerhalb kürzester Zeit, auf- und abwägen, ein mögliches Risiko erkennen sowie bewerten und uns entscheiden, wie wir mit dem Erlebten umgehen wollen. Ziemlich viel für unser inneres Gefühlsleben! Hinzu kommt, dass wir uns aufgrund der Spontanität einer Überraschung meist nicht erst mit einer vertrauten Person beraten oder mit ihr Rücksprache halten können. Viel mehr zeigt sich in Momenten wie diesen, wie souverän wir auch auf Unerwartetes reagieren – ganz gleich, ob es sich dabei um eine positive oder eine negative Überraschung handelt. Scheuen sich Menschen, die behaupten, sie mögen keine Überraschungen, also vor der Auseinandersetzung mit sich selbst – und vor dem Trainieren von Souveränität? So weit wollen wir nicht gehen – dass Momente, die uns aus unserer eigenen Komfortzone hinauskatapultieren, allerdings ein hervorragendes Training sind, um souverän, ehrlich und authentisch auf Überraschungen oder unvorhersehbare Situationen zu reagieren, lässt sich nicht leugnen. Aber: Die Bewertung, ob eine Überraschung positiv oder negativ ist, ist absolut subjektiv. Während für den einen eine Überraschungsparty zum Geburtstag ein Grund zur Freude ist, möchte die andere am liebsten im Erdboden versinken, während die Gäste ihr ein Geburtstagsständchen singen. Die Kunst ist es in diesem Fall, authentisch statt aufgesetzt zu reagieren. Dabei kann vor allem unser Körper unsere größte Stütze sein. Statt uns also „an uns selbst festzuklammern“, die Arme zu verschränken, die Beine ineinander zu verknoten oder die Hände wie ein Schutzschild vor unser Gesicht zu halten, helfen uns eine aufrechte Körperhaltung, ein fester Stand und lockere Arme und Beine dabei, auch unser Inneres zu entspannen und die Aufregung, die wir spüren, zu nutzen, um uns blitzschnell eine angemessene Reaktion zu überlegen.